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Lebenskunst Titel

4.    Der Idealismus der Lebenskunst
       und der Moralphilosophie von Höffe

4.a. Idealismus und Materialismus in der Ethik
      
allgemein

Philosophischer Idealismus und philosophischer Materialismus sind nicht dasselbe, wie die populären Vorstellungen vom Idealismus als Verherrlichung von Idealen und erhabenen Werten oder von Materialismus als Huren, Saufen, Schlampampen meinen (so oder ähnlich regelmäßig der Papst).

Der philosophische Idealismus geht in der Ethik davon aus, dass Ideen die Welt regieren oder doch regieren könnten, wenn die Menschen nur ihre Einsichten in deren ewige Geltung entwickelten. Der Materialismus geht vom „Vorrang des Objekts“ (Adorno) gegenüber der Konstruktion aus. Auf die Moralphilosophie angewandt, geht er von der Analyse der realen Verhältnisse aus und entwickelt aus den besseren Möglichkeiten der sozialen Wirklichkeit den Maßstab der Kritik an diesen Verhältnissen und das Ziel ihrer Veränderung. Die Ideen der philosophischen Tradition und die darin aufgehobene weltgeschichtliche Erfahrung gehen in den Materialismus ein, soweit er dialektisch ist (und nicht die platte Karikatur, als der er in der idealistischen Polemik erscheint), insofern diese historische Erfahrung auf die realen Möglichkeiten der Gegenwart, d. h. konkret auf den Stand der Produktivkräfte, bezogen wird.  

Der dialektische Materialismus konzentriert sich heute auf die Analyse des Bestehenden, des Kapitalismus und seiner Bewegungsgesetzte sowie ihren heutigen Erscheinungsformen. Deren Konsequenz ist die praktische Notwendigkeit der Negation dieser Produktionsweise, weil sie ein entfremdeter menschenfeindlicher Mechanismus ist, der nicht durch Menschen beherrscht werden kann, auch nicht durch die Herrschenden, die unmittelbar von dieser Ökonomie profitieren. Die Anarchie des kapitalistischen Marktes und der Konkurrenz, die sich in der Politik der Staaten als Imperialismus fortsetzt, entwickelt Schleudertendenzen, die unter den Bedingungen heutiger Produktivkräfte, die ebenso als Destruktivkräfte angewandt werden (Massenvernichtungswaffen), unsägliches Leid erzeugen und letztlich zum Untergang der Menschheit auf diesem Planeten durch einen atomaren Krieg führen können.

Moral ist deshalb nur rational als eine der Veränderung oder des Widerstandes gegen diese leichenträchtige Ökonomie. Sie bewahrt insofern die Ideen der philosophischen Tradition wie Freiheit, Gerechtigkeit und ewigen Frieden, weil sie diese erst als herzustellende betrachtet, d. h. als Ziel der Veränderung und als Maßstab der Kritik am Bestehenden. Eine solche Moral kann nur eine sozialistische sein, insofern Sozialismus bestimmt wird als freie Assoziation aller  Menschen, die über alle ihre Angelegenheiten und Beziehungen selbst bestimmen (autonom) und ihre Ökonomie unter ihre gemeinsame Kontrolle nach einem verabredeten Plan gebracht haben, eine Ökonomie, die nicht eine verselbstständigte Produktion um der Produktion willen wie im Kapitalismus beinhaltet, sondern Ausdruck ihrer Bedürfnisse nach dem jeweiligen Stand der Produktivkräfte ist.

Eine materialistische Ethik weiß, dass sie die Mittel der Veränderung unter den antagonistischen Umständen der kapitalistischen Epoche nicht immer selbst bestimmen kann. Sie folgt deshalb der pragmatischen Regel, soweit es möglich ist, die humanen Ziele in ihre Mittel eingehen zu lassen (6). Sie weiß aber auch, dass sie z. B. unter faschistischen Verhältnissen nicht auf Gewalt verzichten kann; andererseits erkennt sie an, dass sie in einer bürgerlichen Demokratie, welche die Möglichkeit einer friedlichen Veränderung über Mehrheiten offen lässt, nicht hinter die erkämpften humanen Standards der bürgerlich-demokratischen Gesellschaft zurückfallen darf.

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4.b. Kritik der idealistischen Lebenskunst und
      
Moralphilosophie von Höffe

Höffe verwendet Moralphilosophie und Ethik synonym (S. 13). Damit ebnet er die Differenz ein, die Kant in die praktische Philosophie gebracht hat: Moralphilosophie steht in Distanz zu den bestehenden Verhältnissen. Höffes Ethik, wie bei Aristoteles und Hegel, ist Teil der politischen Philosophie und reflektiert des herrschenden Ethos, das sie nur präziser fassen will als der unphilosophische Bürger.

Wir dagegen benutzen den Begriff Ethik als Philosophie der Moral oder Moralphilosophie, d. h. als Nachdenken über Moral im Kantischen Sinne der Distanz zu den vorherrschenden Ethos der Gesellschaft, an das wir allerdings im Gegensatz zu Kant systematisch und kritisch auch anknüpfen.

Ein Vorwurf gegen die Moral lautet, sie betreffe nur das Handeln des Einzelnen. Höffe bestätigt diesen Vorwurf, wenn er von ihren Einsichten spricht, „die den konkreten Menschen betreffen“ sollen (S. 13). Dadurch kommen aber die Gesetzmäßigkeiten unseres Handelns, wie z. B. das Wertgesetz, das als entfremdeter Mechanismus über Arbeitsplätze, Wissenschaft und Schule entscheidet, nicht mehr für die Ethik in den Blick (auch wenn er an anderer Stelle das Gegenteil behauptet, vgl. S. 33). Sein Anspruch: „Radikalkritik gehört zur Philosophie wesentlich hinzu“ (S. 12) erweist sich dadurch als Phrase.

Höffe unterstellt, dass wir unsere Lebensentscheidungen immer auch aus moralischen Gründen treffen. Dabei übersieht er die funktionalen Zwänge, in die jeder einzelne Mensch eingebunden ist und die sein Verhalten mehr oder weniger bestimmen (siehe unten Positivismus).

Der Idealismus von Höffe verlangt nicht nur, dass der Handelnde sich an die Legalität hält und auch dort, wo er ohne Sanktionen fürchten zu müssen, eine moralische Legalität entwickelt, also von sich aus keine Gesetze bricht: „Legalität lässt sich einüben; zur Moralität gehört mehr.“ (S. 354). Die Menschen sollen auch um der Moral willen moralisch handeln, mit innerer Zustimmung und „heiteren Gemüts: aus der moralischen Anmut einer schönen Seele heraus.“ (S. 354 f.) Erst dann sei die höchste Stufe des Menschen, die Moralität, erreicht, sodass die Achtung des Moralgesetzes zur Selbstachtung führt und „das betreffende Subjekt als rundum moralische Person“ (S. 347) sich verhält. Wenn das „Strebensglück“ ebenfalls vorhanden ist, könne erst diese Moralität eine Person vollkommen glücklich machen – soweit es menschmöglich ist.

Doch diese an Kant angelehnten Bestimmungen setzen eine ideale Gesellschaft voraus, die es nicht gibt; und gäbe es diese ideale Gesellschaft, dann bräuchte es gar keiner Moral mehr als Sollen, weil dann ein moralisches Verhalten selbstverständlich gelebt würde. Der Idealismus der Moralität trifft aber tatsächlich auf eine antagonistische Gesellschaft, die eine solche Moralität praktisch in ihr Gegenteil verkehrt.

Handele ich aus innerer Überzeugung moralisch und achte ich z. B. das Eigentum anderer, stehle also nicht und will auch gar nicht stehlen, dann habe ich unter den kapitalistischen Bedingungen eine Herrschaftsordnung verinnerlicht, die tatsächlich legal den Diebstahl des Kapitals am Mehrwert praktiziert, den die Lohnarbeiter produzieren. Kaufe ich z. B. ein Produkt, praktiziere ich also Gerechtigkeit, indem ich ein Äquivalententausch eingehe, gleichen Geldwert gegen Produktwert, dann sanktioniere ich die große Ungerechtigkeit der bürgerlichen Gesellschaft, denn ich ermögliche mit jedem Kauf, dass das Kapital seinen Mehrwert realisiert, der in dem Produkt inkarniert ist, das ich gekauft habe. Ich sanktioniere mit meinem Kauf die in den Waren inkarnierte Herrschaft – ob ich das will oder nicht. Denn ich muss in einer entwickelten kapitalistischen Industrie- und Konsumgesellschaft meine Lebensmittel durch Kauf erwerben, um leben zu können.

So könnte man jede moralische Maxime, jede Tugend durchgehen und zeigen, dass moralisches Verhalten in sein Gegenteil, die praktische Sanktionierung von Unmoral umschlägt.

Damit der Leser nicht auf solche Gedanken kommt, baut Höffe vor, indem er Gerechtigkeit mit der positiven Legalität gleichsetzt (S. 356) und moralische Bestimmungen nicht zum Maßstab der gesellschaftlichen Totalität macht, sondern sie arbeitsteilig neben das Recht in der bürgerlichen Gesellschaft situiert („verdienstliches Mehr“, S. 356) und damit neutralisiert zum Funktionsorgan der antagonistischen Gesellschaft. Der Höffesche Idealismus erweist sich als reduzierte Vernunft, er dient der Verschleierung der Verhältnisse und fördert die Unmoral der kapitalistischen Herrschaftsweise.

Ein moralischer Mensch im Sinne von Höffe macht sich also „heiteren Gemüts: aus der moralischen Anmut einer schönen Seele heraus“ täglich schuldig an der Ausbeutung seiner Mitmenschen, an der Herrschaft, die auch über ihn ausgeübt wird und an der Verkleisterung der Gehirne mit moralischem Idealismus. Das ist pure Heuchelei, dümmliche Moralideologie.

Wenn die kapitalistischen Verhältnisse moralisches Handeln gar nicht zulassen oder den moralischen Zweck dieses Handelns in sein Gegenteil verkehren, dann sind es Gewaltverhältnisse, dann muss jede rationale Moral auf eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft drängen, um allererst die Bedingungen zu schaffen, die Glück, rationales Handeln, durchsichtige Beziehungen der Menschen und eine Ökonomie erlauben, die unter der bewussten Kontrolle aller Mitglieder der Gesellschaft steht.

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5.    Die entscheidende Differenz:
       Affirmation oder Negation

Höffe will allgemeingültig sein, sich an Vernunft orientieren, seine Moralphilosophie will sich einem „widerspruchsfreien Zusammenhang“ nicht „versperren“ (S. 40). Sie will durch „praxisrelevante Einsichten“ praktisch werden (S. 13). „Gemeint ist ein Verhältnis des Menschen zu sich und seiner natürlichen sowie sozialen Welt, das zugleich ein Selbstverhältnis ist und wegen seiner Beziehung auf das Handeln praktische Vernunft heißt.“ (S. 64) Und doch verfällt sie einem fundamentalen Widerspruch, der sie als „Fundamentalethik“ desavouiert. Sie predigt die allgemeine Affirmation von Verhältnissen, die dem Klasseninteresse der Herrschenden an der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Produktionsweise und ihrer Eigentumsordnung dienen. Sie vertritt partikulare Interessen, obwohl sie von allgemeiner Vernunft ausgeht.

Dies geschieht in Höffes Moralphilosophie, indem diese systematisch die Analyse der Gesellschaft und ihrer Ökonomie ausblendet, Philosophie zur Fachwissenschaft reduziert, um diese Gesellschaft zu affirmieren. Seine Moralphilosophie „entfaltet sich ausschließlich durch Begriff, Argument und Reflexion. Eine Ethik, die es statt dessen eilig hat, die Welt zu verändern, und zur persönlichen Umkehr, zur politischen Revolution oder zur Gegenrevolution auffordert, verläßt ihre Kompetenz.“ (S. 13) Man habe „sein Leben (…) seine Lebensträume (…) den Schwierigkeiten der Weltlage anzupassen.“ (S. 100 f.) „Auch wenn man sich auf eine moralisch hoch entwickelte Moral bezieht, befaßt man sich letztlich nur mit einer positiv gegebenen, nicht mit der Idee der kritischen Moral.“ (S. 40) 

Diese Affirmation der bestehenden Verhältnisse macht alle „Ratschläge“ zur Lebenskunst, selbst dort, wo man ihnen abstrakt zustimmen könnte, zur Verklärung und Illusionierung der gesellschaftlichen Antagonismen. Sie dient einer kleinen Minderheit der Kapitaleigner. Dieser Widerspruch durchzieht die ganze Konstruktion seiner „Fundamentalethik“, die Glück als „Bescheidenheit“ (S. 118, 121, 122 u. a.) definiert und mit der Tugend als protestantisches Arbeitsethos verbinden will (siehe unten „Kritik der Tugendlehre“). Diese Art Eudämonie kann man als Lohnverzicht der abhängig Beschäftigten und die Tugend als Willigkeit der Arbeitskräfte übersetzen. Man soll das in Höffes Sinne „Richtige spontan, mit Lust und ohne Widerstreben tun“ (S. 131 f.).

Wendet man diese Bescheidenheit und Demut einmal auf die realen Verhältnisse an, in denen die Lohnabhängigen leben, dann verringert sich durch die Bescheidenheit der Anteil des Lohnes am produzierten Neuwert, das propagierte Arbeitsethos erhöht die Arbeitsproduktivität – beides steigert den Profit der herrschenden Klasse.

Entsprechend seines eklektischen Anspruchs, jeden einmal geäußerten Gedanken über Glück und Moral irgendwie einzubeziehen, erscheint bei Höffe auch diese Gesellschaftskritik. Allerdings mutiert der moralische Maßstab der Kritik am Bestehenden, der zunächst nur die Möglichkeit eines moralischen Lebens beinhaltet, abwertend zur Sozialutopie.

„Einige Sozialutopien wollen dieser Sachlage (kapitalistische „Konkurrenz“, „Krieg aller gegen alle“, „Verlierer-Unglück“, B. G.) radikal und umfassend entkommen. Mit der Zivilisierung der Konkurrenz nicht zufrieden, suchen sie ein Glück, das nicht mit dem Leid, sondern mit dem Glück der anderen zusammenbesteht, sogar vom Glück (?) der anderen lebt. Zu diesem Zweck verlangen sie andere Gesellschaftsverhältnisse; vor allem sollen sie ohne jede wirtschaftliche Unterdrückung und Ausbeutung, vielleicht sogar ohne jede Herrschaft von Menschen über Menschen auskommen.“ Dies aber wäre eine „wirklichkeitsfremde (…) Utopie“. (S. 182)

Dieses offene Bekenntnis zur Bejahung von Ausbeutung, Herrschaft und Unglück durch die Klassengesellschaft findet man selten in der gegenwärtigen Moralphilosophie. Zumeist wird diese Ideologie hinter Phrasen verbrämt, die man aber auch bei Höffe genug findet.

Die Alternative, die Höffe dieser „Sozialutopie“ entgegenstellt, ist seine „eudaimonistische Tugendethik“: „Eine Tugendethik betont die Verantwortung jedes einzelnen.“ Wie in der bürgerlichen Soziologie wird auch von Höffe die Gesellschaft als Anhäufung von mehr oder weniger autonomen Einzelmenschen betrachtet, nicht aber als ein Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse, das mehr darstellt als die Summe von Individuen. Höffe tut so, als ob man die Mechanismen, welche die Gesellschaft regieren, überspringen könnte. Wie die eudaimonistische Tugendlehre in der „Zivilisierung der Konkurrenz“ praktisch werden soll, zeigt der Autor an der Tugend „Gerechtigkeit“:

„Die Gerechtigkeit regelt das Verhältnis der Menschen zueinander, sowohl ihre Kooperation, beispielsweise die verschiedenen Arten von Tausch, als auch die Verteilung, nicht zuletzt Konflikte.“ (S. 179)

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Wie unten ausführlicher gezeigt, regeln nicht einzelne moralische Personen, auch nicht unmoralische Individuen den Tausch, die Kooperation und die Konflikte in der kapitalistischen Gesellschaft, sondern entfremdete Mechanismen wie etwa das Wertgesetz (vgl. Marx: Das Kapital, S. 55 (7)). Die Verteilung wird nicht durch Gerechtigkeit geregelt, sondern durch die Eigentumsverhältnisse, durch die einige Wenige die Masse der Produktionsmittel besitzen und die große Vielheit kein derartiges Eigentum hat. Es ist die Funktion der Kapitalbesitzer oder ihrer Manager, soviel wie möglich Profit aus ihrem Unternehmen herauszuholen, also den Arbeitenden abzupressen, ob sie das wollen oder nicht, ob Höffes „Lebenskunst“ sie darin bestätigt und ihnen „das ruhige Gewissen jenes sanfte Ruhekissen“ (S. 169) dazu verschafft oder nicht. Versuchten die Kapitaleigner nicht als Funktionäre ihres Eigentums zu agieren, unterlägen sie im Konkurrenzkampf, gingen Pleite und würden ihr Kapital verlieren.

Auch die „verschiedenen Arten von Tausch“ offenbaren ihr Wesen erst, wenn man sie praktisch in der gesellschaftlichen Struktur betrachtet. Werden beim Austausch zwischen Kapitalien oder zwischen Kapital und individuellen Kunden in etwa Äquivalente getauscht, so ist der Tausch zwischen den Arbeitskräften (Lohn) und dem Kapital nur zum Schein ein Äquivalententausch, während tatsächlich den Arbeitenden ein Nichtäquivalent als Mehrwert (bzw. Profit) kostenlos abgenommen wird – die Ausbeutung, die Höffe als unabänderliches Schicksal betrachtet (wie das obige Zitat gezeigt hat, vgl. S. 182). Nicht die Tugend oder eine philosophisch begründete Idee bestimmt das Verhältnis der Menschen untereinander (ebenfalls nicht „Gerechtigkeit“, es sei denn man definiert sie zynisch als Ungleichheit im Tausch, Eigentum und sozialen Status), sondern die entfremdeten (unbeherrschbaren) Mechanismen der Kapitalökonomie.

Der Unternehmer mag noch so menschlich angenehm, hilfsbereit, großzügig, tapfer (engagiert) in der Zivilgesellschaft sein, als Unternehmer oder leitender Manager ist er bloß ein Funktionär seines Eigentums und untersteht wie die Lohnabhängigen ökonomischen Gesetzen, die alles beherrschen. – Freilich auf der angenehmen Seite dieser Gesetze, was sich besonders krass in Krisenzeiten bemerkbar macht, wenn der Kapitaleigner sein Luxusleben fortsetzen und der Lohnabhängige evtl. sogar hungern muss. Ebenfalls ist der Lohnabhängige gezwungen, so viel Lohn zu erreichen, wie er durch Solidarität mit Seinesgleichen (nicht allgemein menschlich) durchsetzen kann, will er nicht verelenden. Die Tugenden des Kapitaleigners und der Lohnabhängigen sind keine sozialen, wie Höffe meint, sondern beide müssen asozial agieren, wollen sie im Konkurrenzkampf der kapitalistischen Gesellschaft bestehen – das erzwingt die antagonistische Gesellschaft, die sie ständig reproduzieren und der sie ausgeliefert sind. Moralisch wäre erst ein Verhalten, das auf die Abschaffung der antagonistischen Gesellschaft dringt, insofern ist Höffes affirmativer moralischer Idealismus Ausdruck von Amoralität.

Die Gleichsetzung der moralischen Person des Kapitaleigners Y oder des Lohnabhängigen Z mit seiner jeweiligen sozialen Funktion in der kapitalistischen Ökonomie, die Identifizierung des Citroën mit dem Bourgeoise, des Individuums mit seiner sozialen Rolle als Funktionär seines Eigentums ist der idealistische Trick, auf dem die eudaimonistische Tugendethik von Höffe beruht, das Quidproquo seines Idealismus.

Völlig absurd wird der Verantwortungsidealismus von Höffe, wenn man große Konzerne und Aktiengesellschaften einbezieht, in denen dem Kapital keine konkreten Personen mehr als Eigentümer zugeordnet werden können, in denen das Kapital anonym geworden ist und nur noch von funktionierenden Charaktermasken gemanagt wird. Moral ist hier weitgehend nur noch ein Mittel der Propaganda und Außendarstellung.

„Moralische Imperative (und allgemein „Ratschläge“ zur Lebenskunst, B. G.) fungieren in der antagonistischen Gesellschaft so vor allem als Instrumente verinnerlichter Herrschaft.“(8) Die bundesdeutsche Gesellschaft hat inzwischen einen Grad von verinnerlichter Herrschaft erreicht, dass Moral als Anstrengung tendenziell überflüssig geworden ist (siehe Positivismus). Die Masse der Lohnabhängigen wird den drögen Text von Höffe, der nach eigener Auskunft wenig originell sein will, also nur zigmal Publiziertes nur noch einmal in professoralem Plauderton wiederholt, sowieso nicht lesen. Das Buch wendet sich denn auch mehr an den konservativen bis reaktionären Kleinbürger, der auf den neuesten Stand der moralischen Ideologie, der Lebenskunst, sein will und seine höheren Vorurteile bestätigt sehen möchte.

Dass „Bescheidenheit“ im objektiven Interesse des Gesamtkapitals auch dysfunktional ist, weil es die Kauflust hemmt wie in den 50er Jahren, freut den Kleinunternehmer, der Angst vor den Ansprüchen seiner Beschäftigten hat. Dass Höffes Arbeitsethos die Freizeitindustrie hemmt, bestätigt den hart arbeitenden Geschäftsmann, der seine Dreimannklitsche über Wasser halten will. An dieser Stelle zeigt sich, dass Höffe nicht nur eine konservative Moralphilosophie vertritt, sondern auch reaktionär ist. Vor allem aber liefert Höffe mit seiner moralischen Ideologie das gute Gewissen für Ethiklehrer, Naturwissenschaftler und philosophisch gebildete Manager, die nun keinen Wegwerfratgeber, der bald schon veraltet, in den Händen halten, sondern eine „überhistorische“ (S. 137) Lebenskunst. 

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6.    Anthropologie in ideologischer 
       Absicht

Wer eine überhistorische und universale Lebenskunst schaffen will, die noch dazu Fundamentalethik (S. 44 und passim) sein will, der muss auf ein überhistorisches Fundament, das Wesen des Menschen, rekurrieren. (Eine universale Moral aus Vernunft dagegen kommt nicht umhin, historische Bestimmungen zur Begründung heranzuziehen.)

„Für Grundverbindlichkeiten braucht es allgemeine Einsichten in die Conditio humana, für spezifischere Gebote und Verbote ein geschichts- und gesellschaftsbezogenes Wissen.“ (S. 38)

Diese „Grundverbindlichkeiten“ haben ihre „allgemeine Grundlage in der Natur“ (S. 46). Die „Anthropologie“ als „Lehre von der menschlichen Natur“ (S. 47) „erkennt bestenfalls ein Skelett von Menschsein, das erst durch kulturelle, darüber hinaus individuelle Faktoren zu einem Wesen aus ‚Fleisch und Blut’ wird.“ (S. 47) Diese Einschränkung führt Höffe aber nicht dazu, sein Vorhaben, Moral und Lebenskunst anthropologisch zur begründen, aufzugeben. Der Mensch ist für Höffe, Bestimmungen der philosophischen Tradition aufgreifend, ein „vernunft- und sprachbegabtes Lebewesen“ und ein „Sozial-, näherhin Rechts- und Politikwesen“, allerdings zunächst nur als „Anlage“ (S. 47). Da der Mensch der Entwicklung fähig, mit Welterfahrung und Denken begabt ist, folgt aus seinem moralischen Wesen, dass er mit seinen Tugenden nicht nur überleben will, sondern auch das „gute Leben“ anstrebt - und „heroische Verzichte“. „Infolgedessen ermöglicht der Antriebsüberschuß humane Glanzlichter wie Technik und Medizin, wie Musik, Kunst und Architektur, wie Literatur, Wissenschaft und Philosophie, nicht zuletzt heroische Verzichte.“ (S. 51) So hat Höffe die wichtigsten Bestimmungen seiner Lebenskunst anthropologisch begründet. Doch diese anthropologische Absicherung seiner Moral lässt sich nicht halten.

Recht ist eine Erfindung herrschaftlich verfasster Gesellschaften, Politik ist gar erst seit Kleisthenes im 5. Jahrhundert entstanden. Somit gibt es Menschen erst seit den Hochkulturen oder der klassischen Zeit der Griechen. Genauso willkürlich ist seine Bestimmung des Menschen als „animal morabile“, das sich zum „Moralwesen“ entwickeln soll (S. 47). Die Moral ist ebenfalls ein noch junges Phänomen in der Menschheitsgeschichte. Sie taucht zuerst als Spruchweisheit bei den Ägyptern oder den Sprüchen Salomons im Alten Testament auf und wird als Ethik zuerst von Aristoteles systematisch reflektiert. Da Moral zum Wesen des Menschen gehören würde, begehe man auch keinen „naturalistischen Fehlschluß“, man leite Moral nicht aus der „Lebensdienlichkeit“ ab, sondern verbleibe „im Bereich des Positiven, des Seins“ (S. 49). Der naturalistische Fehlschluss, aus dem empirischen Sein das Sollen abzuleiten, wird jedoch nicht umgangen, sondern nur verschoben auf den naturalistischen Fehlschluss, der in seiner Anthropologie liegt.

Höffe interpretiert historische Kulturerscheinungen wie Recht und Moral um zum überhistorischen Wesen des Menschen. Er ontologisiert historische Bestimmungen und begeht eine Hypostase des Denkens (9). Er interpretiert seine Bestimmungen, die er heute für seine „Lebenskunst“ und „eudaimonistische Tugendlehre“ benötigt in die überhistorische Natur des Menschen hinein, um aus dem so präparierten Naturbegriff des Menschen seine Moralkonzeption zu legitimieren. Die Fundamentalethik beruht auf dem klassischen Zirkelschluss, den er andern ankreidet. Wie jedes Jahrhundert sein „Menschenbild“ als natürliches und damit überhistorisches verklärt, so erweist sich auch die überhistorische Natur des Menschen bei Höffe aus der empirischen Wirklichkeit gewonnen, „das richtende Prinzip für jenes Apriorische ist das Aposteriorische“ (Hegel) (10). Das Fundament der Fundamentalethik ist erschlichen, es bröckelt – und da mittels dieses Trugschlusses sich jedes und sein Gegenteil begründen lassen, ist dieses Begründungsverfahren zu keiner Begründung geeignet. Der Mensch kann nach Höffe auch seine Anlagen zur „Völlerei“, „sexueller Maßlosigkeit, zur Ehrsucht, Herrschsucht und Habsucht“ entwickeln (S. 51) - ebenso wie zum „Moralwesen“. Wenn aber das eine und sein Gegenteil anthropologisch möglich sind, dann bedarf es einer Begründung außerhalb der Anthropologie, denn aus dieser folgt nichts, jedenfalls keine Moral.

Gleichwohl verzichtet Höffe aber nicht auf die anthropologische Absicherung seiner Moralphilosophie. Wenn man nun aus „den anthropologischen Befunden“ (S. 51), aus dem nur Banalitäten folgen, das eine und sein Gegenteil ableiten kann, dann eignet sich diese Art Anthropologie vorzüglich zur Scheinbegründung. Predigt man der arbeitenden Bevölkerung „heroischen Verzicht“ als anthropologische Leistung oder „Bescheidenheit“ als moralische Tugend bei überquellendem Reichtum, dann wird die Scheinbegründung zur Ideologie, das als notwendig ausgegebene Bewusstsein, das der Herrschaftssicherung dient, der unmoralischen Rechtfertigung der Steigerung des Profits auf Kosten der Arbeitenden.

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Selbst das „Böse“ wird als anthropologisches Fundament wieder eingeführt. Es ist der „absichtsvolle Widerspruch“ gegen die Moral, die „abgrundtiefe Schlechtigkeit und Verwerflichkeit“ (S. 328). Dieses Böse gehöre zur menschlichen Natur, der Mensch habe einen „natürlichen Hang zum Bösen“ (S. 339). Mit diesem naturalistischen Trugschluss, den er sogar eingesteht, wenn er zugibt, den Begriff des Bösen für seine Fundamentalethik pragmatisch zu benötigen, kann er zwei Aspekte seiner Moralideologie „begründen“: Einmal erscheint der Konkurrenzkampf in der bürgerlichen Gesellschaft als etwas Natürliches, eine Konkurrenz, die der moralischen „Zivilisierung“ bedarf (S. 182). Höffe rechtfertigt sogar anthropologisch die Übertretung des Tötungsverbots, nicht nur aus Notwehr, sondern wenn es sich um einen Krieg handelt (vgl. S. 337). Eine Apologie des Krieges erscheint aufgrund seiner „Fundamentalethik“ als möglich … Zum anderen kann der Gedanke an eine sozialistische Gesellschaft als unnatürliche „Schwärmerei“ denunziert werden. „Wer den Begriff des Bösen aufgibt, unterstützt stillschweigend die Gefahr einer Selbstüberschätzung, eines Hochmuts der Menschheit. Wer glaubt, das Böse lasse sich einmal für immer ausrotten, müßte sich, mit Kant gesprochen, Schwärmerei vorwerfen lassen.“ (S. 338 f.) (11)

Nach Kant kann man den Menschen nicht anthropologisch definieren, weil er sich in Entwicklung befindet (12) – entgegen der Höffeschen Vereinnahmung Kants (vgl. S. 47). Kant unterstellt damit zu Recht, dass wir primär keine Naturwesen sind, sondern vor allem kulturell geprägt sind. Das, was an uns bloß natürlich ist, hat für unser konkretes Handeln in einer historischen Gesellschaft keine entscheidende Bedeutung. Es ist zwar notwendig zu beachten, besteht aber eher aus trivialen Tatsachen. Wir müssen Essen, Trinken und Schlafen. Aber wie wir dies machen, wird durch die Kultur bestimmt, wobei Kultur alles das bedeutet, was die Menschen mittels ihres Geistes erfunden und geschaffen haben. Aus der bloßen Natur des Menschen kann ich lediglich ableiten, dass ich essen muss, wenn ich leben will. Ob ich aber als Asket lebe oder der „Völlerei“ pflege oder gar zwangsweise bei einem Hungerstreik mit dem Schlauch ernährt werde – das ist kulturbestimmt. Kultur aber ist in dem Prozess der historischen Veränderung eingebunden und so auch die Natur, insoweit sie kulturell geformt wird. Kultur ist Menschenwerk, keine Natur. Viele heutige bürgerliche Philosophen, so auch der „Kantianer“ Höffe (13), fallen hinter die Einsicht der kritischen Philosophie Kants und Hegels zurück.

Die Anthropologie seit dem 20. Jahrhundert entspricht dem Bedürfnis der bürgerlichen Philosophie, die „transzendentale Heimatlosigkeit“ (Lukács) zu überwinden. Nach dem Zusammenbruch der mittelalterlichen Seinsmetaphysik suchen die Philosophen der bürgerlichen Epoche eine unbedingte Autorität, ein verlässliches Fundament, ein absolutes Prinzip, das nicht weiter hinterfragbar ist, um aus ihm das Handeln rechtfertigen zu können. Horkheimer schreibt dazu:

„Diese Anwendung des Denkens, begriffliche Zusammenhänge zu entwerfen und aus ihnen das ganze menschliche Leben sinnvoll zu begründen, die geistige Anstrengung, das Schicksal jedes Einzelnen und der ganzen Menschheit in Einklang mit einer ewigen Bestimmung zu bringen, gehört zu den wichtigsten Bestrebungen der idealistischen Philosophie. Sie wird vor allem durch den widerspruchsvollen Umstand bedingt, daß in der neueren Zeit die geistige und personale Unabhängigkeit des Menschen verkündet wird, ohne daß doch die Voraussetzung der Autonomie, die durch Vernunft geleitete solidarische Arbeit der Gesellschaft, verwirklicht wäre. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen tritt einerseits die Produktion und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens, das 'Wertgesetz', nicht als Motor der menschlichen Arbeit und der Weise, in der sie sich vollzieht, hervor. Der ökonomische Mechanismus wirkt sich blind und deshalb als beherrschende Naturmacht aus. Die Notwendigkeit der Formen, in denen die Gesellschaft sich erneuert und entwickelt und die ganze Existenz der Individuen sich abspielt, bleibt im Dunkeln. Andererseits haben diese Individuen es gelernt, für die gesellschaftlichen Lebensformen, die sie durch ihr tägliches Handeln aufrecht erhalten und gegebenenfalls beschützen, also für die Verteilung der Funktionen bei der Arbeit, für die Art der hergestellten Güter, für die Eigentumsverhältnisse, Rechtsformen, die Beziehungen der Staaten usw. Gründe zu fordern. Sie wollen wissen, warum sie so und nicht anderes handeln sollen, und verlangen eine Richtschnur. Die Philosophie sucht dieser Ratlosigkeit durch metaphysische Sinngebung zu steuern. Anstatt dem Anspruch der Individuen nach einem Sinn des Handelns durch Aufdeckung der gesellschaftlichen Widersprüche und durch Hinweis auf ihre praktische Überwindung zu genügen, verklären sie die Gegenwart, indem sie die Möglichkeit des 'echten' Todes zum Thema wählt und dem Dasein tiefere Bedeutung zu geben unternimmt.“ (Horkheimer: Anthropologie, 96 f.) (14)

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Diese Verklärung ist bei Höffe nicht die des „echten Todes“ wie etwa bei Scheler (15), obwohl der „edle Tod“ immerhin unkritisch zitiert wird (S. 185), sondern die Bestimmung des Menschen als „Moralwesen“. Diese Art anthropologische Ideologie ist aber nicht harmlos, nicht bloß idealistischer „Sinnhorizont“ (S. 89), sondern indem Höffe seinen Bestimmungen den „Charakter des Unbedingten“ (S. 89) gibt, entzieht er sie der rationalen Diskussion und wird irrational. Herbert Marcuse hat diese Funktion der Anthropologie im Zusammenhang mit der faschistischen Ideologie untersucht:

„Die Interpretation des geschichtlich-gesellschaftlichen Geschehens auf ein naturhaft-organisches Geschehen hin greift hinter die wirklichen (ökonomischen und sozialen) Triebfedern der Geschichte zurück in die Sphäre der ewigen und unwandelbaren Natur. Die Natur wird gefaßt als eine Dimension mythischer Ursprünglichkeit (treffend durch das Begriffspaar ‚Blut und Boden’ bezeichnet), die sich in allem als eine vorgeschichtliche Dimension charakterisiert, mit deren umgestaltender Überwindung die Menschengeschichte in Wahrheit allererst beginnt. Die mythisch-vorgeschichtliche Natur hat in der neuen Weltanschauung die Funktion, als der eigentliche Gegenspieler gegen die selbstverantwortliche rationale Praxis zu dienen. Diese Natur steht als das schon durch ihr Dasein Gerechtfertigte gegen alles, was erst der vernünftigen Rechtfertigung bedarf, als das schlechthin nur Anzuerkennende gegen alles erst kritisch zu Erkennende, als das wesentlich Dunkle gegen alles, was nur im erhellenden Lichte Bestand hat, als das Unzerstörbare gegen alles der geschichtlichen Veränderung Unterworfene. Der Naturalismus beruht auf einer für die neue Weltanschauung konstitutiven Gleichung: Die Natur ist als das Ursprüngliche zugleich das Natürliche, Echte, Gesunde, Wertvolle, Heilige. Das Diesseits der Vernunft erhöht sich, kraft seiner Funktion ‚jenseits von Gut und Böse’, zum Jenseits der Vernunft.“ (16)

Höffe ist gewiss kein „Blut und Boden“-Theoretiker, aber er benutzt Argumentationsmuster, unbegründete Behauptungen und Ideologeme der irrationalen Anthropologie des 20. Jahrhunderts, die auch die faschistische Weltanschauung sich einverleibt hat und die bis heute zum ideologischen Repertoire der affirmativen Philosophie gehören.

Auch die „Grundverbindlichkeit“ ist bei Höffe durch ihre irrationale Naturalisierung der rationalen Diskussion entzogen. „Überzeugt, daß der Begriff und die Prinzipien der Moral für die gesamte Gattung ‚Mensch’ und nicht lediglich für gewisse Gruppen, Gesellschaften oder Epochen gültig sind, macht der gattungsspezifische Universalismus, statt sich an gewisse Kulturen, Traditionen oder Gemeinschaften zu binden, vor keinen politischen, religiösen oder sprachlichen Grenzen halt.“ (S. 137) Alle historisch konkreten Tugendausprägungen wären von „anthropologischen Bedingungen“ abhängig, während ihre „Grundgestalt“ allein anthropologische bestimmt, also von der historischen Epoche „unabhängig“ ist (S. 138). So werden Höffes subjektive Bestimmungen, die ich als ideologisches Bewusstsein erwiesen habe, der vernünftigen Diskussion entzogen und zu „allgemein menschlichen“ verzaubert. Selbst da, wo man bestimmten moralischen Bestimmungen abstrakt zustimmen könnte, werden sie nicht Ernst genommen. Moralische Bestimmungen und Menschenrechte als Maßstab des Handelns und als antizipierte Ziele können sich nicht auf eine vermeintliche Natur und auf kein höheres Wesen berufen, sie sind allein aus dem avancierten Stand der Vernunft zu begründen und müssen sozial und politisch gegen Herrschaftsansprüche, heute die des Kapitals, erkämpft oder, falls sie partiell durchgesetzt sind, bewahrt werden.

Für die materialistische Ethik dagegen ist Vernunft die Verallgemeinerung der Erfahrung der Weltgeschichte. Sie ist deshalb auch nicht nur als gegenwärtige begreifbar, sondern nur mit ihrer Genesis, auch wenn die genetische Begründung nicht ausreichend ist – das widerlegt alle Einwände gegen den „genealogischen Fehlschluß“ (S. 43), die Höffe vorbringt.

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2008