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   Stichwort: Zivilcourage

Aufklärung ist nach Kant der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, diese ist die Fähigkeit der Menschen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Die Resultate des Verstandes und der Vernunft sind dann auch der Maßstab für das Handeln der Menschen.

In der bürgerlichen Gesellschaft, dem Ensemble der sozialen Verhältnisse, bedarf es seit ihrer Etablierung nach der Französischen Revolution des Mutes (französisch: courage heißt Mut), nicht nur sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sondern vor allem diesen in der Praxis umzusetzen. In der Zivilcourage geht es nicht in erster Linie um private Beziehungen, sondern die des Bürgers (civis heißt Bürger) zum Staat, zur Regierung, den Behörden und allgemein zur Obrigkeit. „Zivilcourage bedeutet sichtbaren Widerstand aus Überzeugung und Maxime.“ (Wikipedia)

Die bürgerliche Gesellschaft ist durch ihre Interessengegensätze (Kapital und Lohnarbeit; Konkurrenz der verschiedenen Kapitalien; Konkurrenz der Lohnabhängigen untereinander usw.) konstituiert. In ihr entscheidet nicht das, was einem aufgeklärten Bewusstsein als vernünftig erscheint, sondern die ökonomische oder politische Macht der Konkurrenten. Vermittelt werden die Interessengegensätze auf dem Markt, der prinzipiell (trotz Steuerungsversuche) anarchisch ist, d. h., was den Inhalt betrifft, regellos, unkontrollierbar und sich selbst bereinigend nur durch Krisen. Eine solche kapitalistische Marktgesellschaft könnte nicht existieren, sie wäre bloß mit Hegels Worten ein „geistiges Tierreich“, ihre Anarchie würde die Gesellschaft sprengen, wenn sie keine juristischen Regeln und rechtlichen Formen hätte, die eine übergeordnete Macht, der Staat, allen Konkurrenzen aufzwingt, damit sie diese im Konkurrenzkampf einhalten. So gilt z. B. pacta sunt servantes (Verträge sind einzuhalten), ein Grundsatz, den die Judikative im demokratischen Kapitalismus garantieren soll.

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Nun ist in einer antagonistischen Interessengesellschaft immer jemand in der Versuchung, die juristischen Formen des Marktes abzustreifen, um sich über das rechtlich Erlaubte hinaus Sondervorteile zu verschaffen. Das fängt mit jugendlichen Rowdys an, die im Nichtraucherabteil rauchen, geht über Neofaschisten, die vermeidlich Fremde durch die Straßen hetzen, und Konzerne, die Beamte bestechen, zu führenden Politikern, die korrupt werden, bis hin zur Beeinflussung der Gesetzgebung in den Parlamenten im Interesse mächtiger Kapitalien. Die Zeitungen und Nachrichtensendungen leben von diesen „Skandalen“, die zum Wesen der bürgerlichen Gesellschaft gehören. Sie aufzudecken, das Recht oder die Rechtsprinzipien wieder durchzusetzen, bedarf es der Zivilcourage, da immer die Gefahr besteht, von dem Gesetzesbrecher, evtl. sogar von korrupten Behörden, die mit ihm zusammenarbeiten, selbst widerrechtlich verfolgt zu werden. Nicht ohne Grund werden von rechtstreuen Bürgern oder Institutionen Preise auf Zivilcourage ausgelobt. Denn das Recht zu brechen, ist immer auch eine Schädigung anderer.

Die moralische Forderung an die Bürger, Zivilcourage zu zeigen, nicht wegzuschauen und helfend einzugreifen, und die Erziehung der Kinder zur Zivilcourage ist in der funktionierenden bürgerlichen Gesellschaft praktisch notwendig, weil sie selbst die Menschen in Not geraten lässt. Sie erzeugt die Ursachen für die Missstände, die sie mittels moralischer Appelle an die Zivilcourage wieder eindämmen will. Auf den Ausspruch von Galileis Schüler Andrea: „Unglücklich das Land, das keine Helden hat!“, antwortet Galilei: „Nein. Unglücklich das Land, das Helden nötig hat.“ (Kap. 13) Die Forderung nach Zivilcourage verweist auf schlechte Verhältnisse, deren gefährliche Symptome abzuwehren, anscheinend nach Mut verlangt, anstatt den Mut zur Veränderung der Verhältnisse einzusetzen.  

Niemand muss Zivilcourage üben, wenn er seine eigene Gesundheit oder sein eigenes Leben gefährdet. Das Ideal einer idealistischen Moral, dass man bis zur Opferung des eigenen Lebens gehen müsse, ist nicht akzeptabel. Zivilcourage, wenn sie sinnvoll ist, muss mit Klugheit getränkt sein. Wer in einem faschistischen KZ Zivilcourage zeigt, obzwar er sofort erschossen wird, ist entweder dumm oder größenwahnsinnig, um als Heiliger in die Geschichte einzugehen. (Damit soll nicht der klandestine Widerstand in den KZ’ abgewertet werden; er bedarf ebenfalls des Mutes, wenn auch keiner Zivilcourage, weil dort das Zivile fehlt.) Andererseits: Wer sieht, dass ein Wehrloser von einem Mob malträtiert wird und noch nicht einmal die Polizei anruft, obwohl er das gefahrlos könnte, ist nicht nur feige, sondern ein erbärmlicher Spießer ohne Selbstachtung.

Wer für die bloße Aufrechterhaltung des Rechtssystems Zivilcourage zeigt, sollte sich des prinzipiellen Widerspruchs der Zivilcourage in der bürgerlichen Gesellschaft bewusst sein. „Zwar stabilisiert Moral – als ‚Kampfmoral’, Mut, ‚Bekenntnis’ – den Schein, als ginge es noch moralisch, also geschichtlich zu. Insofern wäre Zivilcourage Theaterdonner, der dem Spektakel der dominierenden Struktur zu Buch schlägt. Doch nur eine solche Moral des Mutigen, des ‚Bekennenden’ kann in der Realität des posthistoire noch das Besondere, die Qualität, verteidigen und damit den einzigen Haltegriff in der bröckligen Glätte der Normalität.“ (Peter Brückner, S. 119; siehe Rezensionen)

Die einzig ohne Bedenken vernünftig legitimierbare Zivilcourage ist die, welche die Ursachen bekämpft, die Zivilcourage erforderlich machen. Diese fängt damit an, sich nicht im Bewusstsein irre machen zu lassen. „Die Realität könnte anders sein: Dies noch zu sehen ist – schon – Zivilcourage.“(A.a.O., S. 117)

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2008